Bonn stärker stärken! :-)

Mich überzeugt Ihr Konzept zum jetzigen Zeitpunkt am meisten! Insbesondere der feinfühlige Umgang mit bestehender Bausubstanz und auch der kreative Umgang mit viertelsimmanenten Strukturen und Achsen - historisch und aktuell - sind eine große Stärke. Hier haben Sie sich mit Bonn erheblich mehr auseinandergesetzt, als es nach meinem Empfinden üblich ist. Die Verdichtung nach innen ist ökonomisch sinnvoll und auch interessant, und von den Proportionen und der Wirkung scheint die neue Nord-Süd-Achse wie eine ziemlich gute Reminiszenz ans historische Franziskanergässchen. Kein historisierender Nachbau einer längst vergangenen Gasse, sondern eine zukunftgewandte Wiederbelebung ihrer großartigen Funktion. Auch die angedeutete Eckbebauung Belderberg/Franziskanerstraße erinnert an die historische Wagenremise, die dort stand. Ich weiß nicht, ob Sie anhand der alten Karten gearbeitet haben, oder ob sich diese ganzen Ideen "einfach so" ergeben haben. Egal wie - das Ergebnis finde ich schlüssig.

Anregungen:
- Vier Höfe statt fünf Höfe fände ich besser. Mehr Licht, weil Bonn liebt Licht! Zwei der kleinen Höfe (z.B. die beiden westlichen) könnte man zu einem "großen Hof" fusionieren und einen sonnigeren größeren Raum generieren. Anstelle des wegfallenden Gebäudes ließe sich vielleicht mehr Gewerbefläche auch im UG der Blockrandbebauung schaffen.
- Sehr wichtig finde ich, dass genuin öffentlicher Raum entsteht, d.h. wo man sich ohne Verzehrpflicht mal hinsetzen kann! Gut vorstellen könnte ich mir ein zentrales begrüntes Rondell (Durchmesser 3-5m) in einem der Höfe, mit Sitzbänken drumherum und Trinkwasserbrunnen. Richtung Randbebauung dürfte es dann ja noch genug Platz für Außengastronomie geben. Hierfür würde sich z.B. der "große Hof" anbieten.

Ansonsten:
Ich denke, das Projekt ließe sich noch weiter stärken, wenn Sie es in seinen Details noch weiter auf Bonn maßschneidern ("Bonn stärker stärken!"). Wenn Ihr Plan dadurch bestäche, dass er an ein paar Stellen Lösungen für Probleme bietet, an denen Bonn schon lange knabbert. Bonn hat seine eigene Logik, und auch seinen eigenen Dickkopf. Bonn ist nicht Duisburg - und Duisburger Methoden lassen sich hier ggf. nicht ohne Weiteres etablieren. Damit ein Projekt in Bonn nachhaltigen Erfolg hat, muss man (meiner Beobachtung nach) neue Impulse von außen hereintragen und Bonn über seinen Tellerrand verhelfen, aber zugleich behutsam Rücksicht auf die hiesigen Interessen nehmen: PKW-Verkehr, leere Stadtkasse, Einzelhandel, Masterplan, Öffnung zum Rhein, und auch die Bönnsche Liebe zum Pompösen. Auch wenn diese Interessen bisweilen kleinkariert wirken, folgen sie einer Logik, die aus der Stadtgeschichte resultiert. Ich kann mir gut vorstellen, dass je mehr sich diese hiesigen Interessen im Städtebau widerspiegeln, desto mehr mutige Neuerungen sich vielleicht auch an die Entscheidungsträger verkaufen lassen. Vielleicht sogar die total überzeugende, aber für Bonner Verhältnisse radikale Verkehrsführung. :-)

Dazu noch ein kleiner Wink aus der Geschichte: Dieses Viertel funktionierte von 1634 bis 1804 hervorragend - und hat sich von der Komplettzerstörung 1689 schnell wieder erholt -, weil das Franziskanerkloster als kulturell-politisches Organ mit Garten das Viertel "von innen" fest zusammenhielt. "Von außen" wurde es schon damals durch die kleinen Einzelhändler und ihre Lädchen und Gasthäuser zusammengehalten. Dieser Dualismus zieht sich durch die gesamte Viertelsgeschichte. Reisende aus der Ferne lobten damals in Reiseführern den tollen Franziskanergarten und die Vielfalt an Gaststätten. Von 1804 bis in die 1890er-Jahre war Chaos und Dauerbaustelle, nachdem das Viertel durch Napoleon säkularisiert wurde. Dann kam gegen 1900 das Viktoriabad - zunächst als Jugendstilbau und dann als Nachkriegsarchitektur - und hat das Viertel wieder auf feste Beine gestellt. Irgendein solides Fundament scheint dieses Viertel also zu brauchen, um aufblühen zu können. Ich glaube, Ihr Vorschlag könnte das prinzipiell leisten. Hierfür wäre es ggf. noch gut, genau zu definieren, welche kulturelle Funktion die hellblauen Räume aus der Skizze leisten sollen (falls das nicht schon geschehen ist, ich weiß es nicht mehr...)

Kommentare

Ergänzend würde ich noch empfehlen, die in der Skizze angedeutete Verbindung zur Konviktstraße zu schärfen. Und die Einzigartigkeit dieser Straße an der Karte und ggf. vor Ort nachzuvollziehen. Diese Straße ist (vielleicht zum Glück?) bisher etwas stiefmütterlich behandelt worden, weswegen sie noch heute ihren rumpelig-archaischen Charme erhalten konnte. Wenn man das Flair des Alten Bonns nachspüren will (und historisches Flair zieht Einheimische wie auch Touristen an), kann man das meines Erachtens hier am Besten tun - besser noch als an Sternstraße und Markt. Denn rumpelig war das Bönnsche Zentrum in der Vergangenheit meistens. Nun, worin liegt nun genau ihre Einzigartigkeit? In dieser kopfsteingepflasterten Straße ist fast die komplette historische Bebauung erhalten geblieben oder rekonstruiert worden: die Südflankierung durch den (neu restaurierten) Alten Zoll, das Lennéhaus und das Unigebäude, und die Nordflankierung durch das historische Oberbergamt (heute Historisches Institut). Außerdem spürt man hier wie nirgendwo sonst, dass der Belderberg tatsächlich ein Berg ist.

Wenn sich diese Qualitäten dieser Straße fließend in die neu gestaltete Franziskanerstraße fortführen ließen, würde das Viktoriaviertel von dem historischen Flair der Konviktstraße sowie der neuen Rheinverbindung profitieren. Das wäre für mein Empfinden eine hervorragende Erfüllung des Masterplans, mit Sternchen!

Ich denke, man muss an der Konviktstraße nicht viel tun. Sie braucht ein wenig Sanierung hier und da, aber sonst nicht viel geistige oder planerische Arbeit. Man muss nur an sie denken, und dann beschenkt sie den Planer und später auch die Stadt mit ihren üppigen Ressourcen!

Selbiges gilt für den Schlosskirchenplatz. Der kopfsteingepflasterte Schlosskirchenplatz rund um den Gaudeamusbrunnen, flankiert von einer Bibliothek, der Uni und toller Gastronomie, ist einer der schönsten innerstädtischen Plätze Bonns. Aus unerfindlichen Gründen - vielleicht wegen der gefühlten Dauerbaustelle dort? - kann er seit Jahren nicht sein Potential entfalten und die Besucher Bonns nicht mit seiner Standortqualität erfreuen.

Denkt man ihn als (kopfsteingepflasterte) Verlängerung der Konviktstraße, ergibt sich ein integrierendes Konzept von Rheinviertel, Viktoriaviertel und Univiertel, das ich für äußerst stark hielte.