Seilbahnprojekt: Bonn als Versuchskaninchen?

Mit Seilbahnen als Beförderungsmittel über Wohngebieten zur Entlastung des Autoverkehrs und zur Lösung von Parkplatznot gibt es in Deutschland keinerlei praktische Erfahrungen oder Erfahrungswerte. Niemand weiß, wie viele Autofahrer tatsächlich umsteigen werden. Zwar gibt es in Koblenz eine Seilbahn, jedoch führt diese nicht über Wohngebiete und wurde zu rein touristischen Zwecken gebaut, ergibt also keine Vergleichsmöglichkeit.
Die Machbarkeitsstudie ist graue Theorie. Papier ist geduldig, jede Berechnung ist theoretischer Art. Berechnen kann man auch, dass eine Seilbahn zum Mond den Verkehr in Bonn entlasten würde. Machbar wäre das sicher auch.
Wenn also Erfahrungswerte fehlen: Warum sollen wir uns in Bonn unbedingt um die Rolle des Versuchskaninchens prügeln? In welches (auch finanzielles) Abenteuer stürzen wir uns da eigentlich?

Kommentare

Nehmen wir Algier, 5 Seilbahnen, die älteste seit 1956. Taipeh, seit 2007. Medellin, seit 2004 inzwischen 3 Seilbahnen. et cetera, et cetera. Ach nein, die zählen wahrscheinlich alle nicht...

Aber auch wir in Deutschland haben bereits Erfahrung mit innerstädtischen Seilbahnen.
Bereits 1974 wurde in KIEL eine innerstädtische Seilbahn errichtet, um Besucher eines Einkaufszentrums quer über den Hafen hinweg zu Parkplätzen zu befördern.

In sofern, die Erfahrungswerte sind, insbesondere wenn man über die Grenzen hinausschaut durchaus vorhanden (natürlich nicht wenn man diese konsequent ignoriert). Von Versuchskaninchen kann man nun wirklich nicht sprechen - obwohl, ich sehe jetzt schon das Argument kommen, daß es ja noch keine Praxiserfahrung mit der exakt selben Situation wie in Bonn gibt...

Sie wollen doch nicht ernsthaft die Seilbahn Kiel (die über dern Hafen verläuft) oder die Seilbahn in Koblenz mit einer Seilbahn in dichter Wohnbebauung vergleichen.
Und Bonn ist auch keine Multimiĺlionen Stadt wie die anderen zitierten ausländischen Städte. Auch dieser Vergleich passt nicht.
Und ich hoffe, dass die Gesetze in Deutschland die Bürger besser schützen, als in den genannten südamerikanischen oder chinesischen Beispielländern.

...und zwar z.B. in Sachen Betriebskosten, Wartung, etc. - denn da ist auch eine Seilbahn in Koblenz durchaus als Vergleich geeignet.

Die Seilbahnen, die ich aufgeführt habe, sind auch nur ein paar ausgewählte, es gibt weitaus mehr Beispiele, ich werde mir jetzt aber die Mühe sparen, diese hier aufzuführen.

Die Seilbahn in Koblenz ist nicht in den ÖPNV eingebunden und fährt meist nur an den Wochenenden. Die Wartung kann problemlos in den Standzeiten durchgeführt werden.

Es geht nicht darum, krampfhaft ein Objekt für den exakten 1:1 Vergleich zu finden, dies wird Ihnen, egal ob Seilbahn oder ein beliebiges, anderes Projekt niemals gelingen. Die Seilbahn Koblenz, um bei diesem Vergleich zu bleiben, fährt seit 2010. Aus diesen 6 Jahren Betriebszeit lassen sich durchaus Vergleichswerte generieren z.B. welche Kosten, welche Intervalle und welche Dauer für eine Wartung einzuplanen sind. Die ÖPNV-Anbindung der Seilbahn ist komplett irrelevant für die Diskussion, für Bonn war von vorne herein klar, daß für einen sinnvollen Betrieb einer Seilbahn die Einbindung in den ÖPNV zwingend ist.

Und wenn ihr Argument darauf hinauslaufen soll, daß die Seilbahn aufgrund der Nichtnutzbarkeit in den Wartungsintervallen in Frage zu stellen ist - erstens sind solche Intervalle von überschaubarer Dauer und zweitens müssen Sie dann auch jegliches andere Verkehrsmittel in Frage stellen, denn z.B. sind auch Busse und die Straßen auf denen diese fahren nicht 24/7 zu 100% benutzbar. Stellen Sie sich einmal die Situation auf der Robert-Koch-Str. vor, wenn diese aufgrund notwendiger Straßenarbeiten zeitweise nur einspurig nutzbar wäre...

Ich habe keine belastbaren Zahlen aus der Praxis aber ich denke, daß die regelmäßig notwendigen Wartungen durchaus in 48h zu realisieren sind, das würde den Verzicht auf die Seilbahn an einem Wochenende bedeuten.

Übrigens - dieser "Ausfall" ist der "worst case". Auch die Seilbahn Bonn ist, meines Wissens, nicht für den 24/7 Betrieb geplant - ich meine mich zu erinnern, daß zumindest die Zeit von 24:00-06:00 nicht bedient werden soll. Dies eröffnet darüber hinaus ein tägliches Wartungsfenster von 6 Stunden, welches den Betrieb in keinster Weise einschränkt.

Es ist schon beschämend, wie man versucht, die Seilbahn in Koblenz für die Bonner Bürger als gutes Beispiel zu nehmen. Es wird vergessen, dass die Seilbahn in Koblenz nicht über das ÖVPN Netz kostenmäßig abgedeckt wird. Dort zahlen Sie Preise, die bei uns in Bonn nicht genommen werden können, da wir die Seilbahn mit im ÖPNV haben müssen.

Folgende Fahrpreise müssen Sie in Koblenz zahlen:
- Erwachsene zahlen für eine Einzelfahrt 6,50 € und für Hin- und Rückfahrt 9,00 €.
- Rentner, Schwerbehinderte, Arbeitslose bezahlen einfach 6,00 € mit Rückfahrt 8,00€
- Schüler, Studenten und Auszubildende zahlen einfach 4,00 € mit Rückfahrt 5,00 €
- Kinder (7 bis einschließlich 17 Jahren) zahlen einfach 3,50 € mit Rückfahrt 4,00 €.
- pro Fahrrad oder pro Hund (nur mit Maulkorb) zahlen Sie jeweils 2,00 € pro Fahrt.

Diese Preise belegen doch, dass die Seilbahn in Bonn niemals die Kosten einfährt, die wir benötigen, da wir mit unserem normalen Fahrticket die Seilbahn benutzen dürfen.

Mich interessiert jetzt sehr, wer die Kosten für den Betrieb der Seilbahn dann bezahlt, wenn wir dies mit unseren Fahrpreisen des ÖPNV nicht decken können. Zahlen hier die SWB drauf? Wenn ja, dann gehen die bisherigen erwirtschafteten Überschüsse, die die Stadtwerke an die Stadt Bonn jährlich zahlen, doch massiv runter, wenn sie nicht sogar ganz wegfallen. Aber genau mit diesen Überschüssen rechnete bisher immer unser Stadtkämmerer.

Wenn nun auch von seiten der Stadtwerke keine oder nur geringe Gelder an die Stadt Bonn gezahlt werden, schadet dies wiederum allen Bonner Bürgern und den städtischen Einrichtungen. Geld fehlt heute schon an allen Ecken und Enden.

Nein, ich möchte keine Seilbahn in Bonn, denn dann haben wir bald nicht nur die Schulden für das WCCB zu tragen, sondern bekommen noch mehr Schulden durch die Seilbahn aufgebürdet. Das Ergebnis wird der NOTHAUSHALT für Bonn sein. NEIN DANKE! Dies darf doch wohl nicht unser Ziel sein!

Zeigen Sie mir doch bitte eine einzige Stadt in Deutschland, wo der ÖPNV unter'm Strich schwarze Zahlen einfährt.

ÖPNV ist immer eine Balance zwischen Angebot (Anzahl der Linien und Taktung) und Fahrpreis. Ist das Angebot zu gering und/oder der Preis zu hoch, so geht der Nutzen gegen Null, die Pendler werden sich dann andere Alternativen suchen.

Lassen Sie mich nicht lügen, aber soweit ich mich erinnern kann, lag der Posten ÖPNV im Bonner Haushalt in 2015 bei ~60 Mio. Euro, dem standen ~30 Mio. an Einnahmen gegenüber. Angesichts dieser Zahlen, finde ich, liegen die prognostizierten Betriebskosten der Seilbahn (~750.000 €) durchaus im akzeptablen Bereich.

Die STrassenbahnlinie 61 + 62 sind profitabel! Warum nicht die beiden Linien über die Bahnstrecke zur Ollenhauerstraße weiterführen? Dann wäre das Problem der OST-West Verbindung (Gronau/Kessenich) gelöst und wir hätten eine Unterführung unter der DB!

Zunächst einmal - woher haben Sie die Information, daß die Linien 61 und 62 profitabel sind? Gibt es dazu Zahlen von der SWB?

Was den Gedanken der Anbindung an die Ollenhauerstr. angeht, dies dürfte aus einigen Gründen ein Problem aufwerfen. Erstens werden beide Linien mit niederflurigen Straßenbahnen bedient, während die Haltestellen ab Hauptbahnhof Richtung Godesberg allesamt hochflurig für den U-Bahnverkehr ausgelegt sind. Die Bahnen der Linie 61 und 62 können dort also gar nicht halten. Der zweite Punkt ist, daß die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Olof-Palme Allee bereits durch die Linien 63 und 66 in hohem Takt befahren wird. Hier jetzt noch zwei weitere Linien hineinzuquetschen halte ich für nahezu unmöglich.

Darüber hinaus - was die Anbindung des Venusbergs angeht gewinnen wir dadurch gar nichts.

750 000 im Jahr halte ich für sehr optimistisch!

In einer Konzeptstudie von Pro Bahn wurden 2012 die Betriebskosten auf 2,3 Millionen € im Jahr beziffert.
In der oben genannten Studie sind die Personalkosten nur für drei Mitarbeiter angesetzt worden. Das ist im Zweischicht-Betrieb mit mehreren Station unmöglich. Die jährlichen Kosten wären also höher!
Die Betriebskosten für einen Bus belaufen sich laut Aussagen von Stadtwerke-Mitarbeitern auf etwa 250.000 €. Damit wären die Betriebskosten der Seilbahn erst mit 9 +x eingesparten Bussen gedeckt.

Verstehen Sie mich nicht falsch - ich gebe Ihnen Recht, daß die Betriebskosten für die Seilbahn höher sein würden als für mehrere Busse. Aber, und da geht ihre Rechnung komplett am eigentlichen Problem vorbei, Busse benötigen Straßen, auf denen sie fahren können. Wie bereits mehrfach erwähnt sind die beiden einzigen Straßen auf den Venusberg bereits an der Kapazitätsgrenze, eine Erweiterung oder gar der Neubau einer weiteren Straßenanbindung zum Venusberg ist nicht oder nur mit immensem finanziellen und zeitlichem Aufwand möglich.

In sofern, ich bin gerne bereit, über den Einsatz weiterer Busse zu diskutiteren, aber diese in den allgegenwärtigen "Venusbergstau" zu stellen kann wohl kaum zielführend sein.

Die Seilbahn hat den immensen Vorteil, eine dritte Option für die "letzte Meile" zu schaffen, d.h. jeder Fahrgast, der die Seilbahn nutzt, entlastet die bisherigen Verbindungen.

Genau darin liegt das Problem.

Meines Erachtens sollten zumindestens alle Bediensteten der Uniklinik zunächst befragt werden, wer bereit wäre, vom PKW auf den ÖPNV zu jeder Jahreszeit und Uhrzeit komplett (!) umzusteigen. Nur so kann eine einigermaßen belastbare Prognose zur Anzahl der Nutzer getroffen werden.

Sofern nur die letzte Meile mit der Seilbahn benutzt wird und die Anfahrt unverändert mit dem PKW erfolgt, wird das Problem des hohen Verkehrsaufkommens nur nach Dottendorf bzw. an einen möglichen Haltepunkt "Hindenburgplatz" verlagert ("Talbahnstau"). Ganz abgesehen von der noch nicht beantworteten Frage, wie ein Haltepunkt am Hindenburgplatz genau aussehen soll und wie viel Platz dafür benötigt wird.