Stellungnahme zu Bebauungsplanentwurf Nr. 6820-2
Stellungnahme zum Entwurf Bebauungsplan Nr. 6820-2 “R(h)einwohnen”
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich möchte gerne zu den vorliegenden Informationen, die auch am 26.Oktober im Rahmen der Informationsveranstaltung präsentiert wurden, Stellung nehmen:
Zunächst einmal fand ich die Form der Veranstaltung einigermaßen befremdlich, die einzelnen “Stände” waren so weit verteilt, dass keine übergreifende Wahrnehmung und Diskussion aufkommen konnte. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass neben Mitarbeitern der Stadt und der diversen beteiligten Büros auch “Lobbyisten” unterwegs waren, die keinerlei Namensschilder mit ihrem Namen und ihrer Funktion trugen, aber viel Stimmung im Sinne des Entwurfs/des Investors gemacht haben. Ich gehe davon aus, das diese Lobbyarbeit auch die Basis des Artikels im General Anzeiger vom 28.Oktober (“Der zweite Entwurf überzeugt”) war - mein Eindruck war, dass er keineswegs überzeugen kann.
Nutzung und Architektur
Insgesamt übersteigt die Bauhöhe der geplanten Bebauung die benachbarte Bebauung sowohl auf der Seite der Telekom (vier Geschosse plus Staffelgeschoß plus Austritt auf das Dach, bzw. fünf Geschosse, plus Solaranlage/Wärmepumpe), als auch auf der Seite des Himmerichwegs (zwei bzw. drei (vier an der Bahntrasse) Geschosse, plus Staffelgeschoss, plus Dachaustritt). Dies ist meiner Meinung nach zu hoch.
Warum steigt die Höhe der Bebauung mit Haus 9 zusätzlich an?
Der Entwurf erweckt weiter den Eindruck, dass die geförderten Wohnungen weiterhin als Schallschutz für die frei finanzierten dienen; auch dass die Wohnungen am Quartiersplatz/gegenüber der Kita gefördert sind, läßt sich so interpretieren.
Die Planung eines Bürogebäudes und eines Boardinghauses wirkt komplett aus der Zeit gefallen: Zum einen entstehen im Rheinbogen Büroflächen im großen Stil, zum anderen hat sich die Arbeitswelt gerade im Dienstleistungsbereich während Corona grundlegend gewandelt. Es werden Büroflächen abgemietet, weil Mitarbeiter (interne wie externe) sehr wohl im Homeoffice arbeiten können. Auf Basis welcher Bedarfsabschätzung wird hier geplant? Sind z.B. die Beherbergungsbetriebe der Umgebung befragt worden; will man hier Lücken füllen oder Konkurrenz schaffen?
Mobilität und Erschließung
Grundsätzlich halte ich ein (weitgehend) autofreies Konzept für erstrebenswert. Allerdings wirft der konkrete Ansatz Fragen auf: Ich halte es für illusorisch, dass bei 197 Wohnungen 153 Stellplätze in der Tiefgarage auch nur ansatzweise ausreichen. Dies würde ca. 0,8 Autos pro Wohnung bedeuten, ein Faktor von 1,5 Autos erscheint deutlich realistischer. Interessanterweise paßt diese Rechnung fast genau, wenn man nur die Anzahl der frei finanzierten Wohnungen einsetzt, dann kommt man auf 156 erforderliche Stellplätze - zumal die Häuser eins bis drei noch nicht mal einen Zugang zur Tiefgarage haben. Geht man davon aus, dass man die Belegung hier entsprechend steuern kann?
Erfahrungsgemäß sind Nutzer von Boardinghäusern typischerweise mit Dienstwagen unterwegs, bei anscheinend 100 Zimmern (die Zahl findet sich nicht in den Unterlagen, aber im Artikel im GA) sollte man sicherlich von 80 erforderlichen Stellplätzen ausgehen, die in dem Entwurf nicht zu finden sind.
Während im GA von einer vierzügigen Kita die Rede ist, wird in den Unterlagen die Kita als dreizügig beschrieben, in jedem Fall wird das Verkehrsaufkommen ein erhebliches sein, was die kurze Anbindung überfordern dürfte.
Freiraumplanung und Ökologie
Die Planung soll dem Konzept der “Schwammstadt” folgen, dabei werden Niederschläge u.a. durch begrünte Dachflächen gepuffert und letztlich versickert oder verdunstet. Auf die meine Frage, wie denn in Sommern wie diesem das Verdorren der Begrünung verhindert wird, kam die Antwort, dass die Bewohner für eine ausreichende Bewässerung sorgen müßten. Auf die weitere Frage, wie sich
extreme Trockenheit auf die Aufnahmefähigkeit der Puffer (Dachflächen) auswirkt, z.B. bei einem starken Gewitter mit entsprechenden Niederschlagsmengen, konnte man nur eine ausweichende Antwort geben. Diese Fragen sind aber existenziell und müssen geklärt sein.
Am Himmerichweg, vermutlich auf der Grenze zum geplanten Gebiet steht eine große Eiche, diese muß bei den Baumaßnahmen so geschützt werden, dass ihr kein Schaden entsteht.
Schall und Klima
Ich halte es für unangemessen, dass die Auswirkungen des Gebäudes der T-Mobile im Hinblick auf die schon heute veränderten Windströmungen unerwähnt bleiben und damit die weitere Reduktion von Luftströmungen (und Kühlung) klein geredet werden. Eine weitere Verringerung von Luftbewegungen (und damit Kühlung) ist nicht hinnehmbar.
Die 2 Meter hohen Schallschutzmaßnahmen zur Telekom hin sind Augenwischerei, da die Schallquellen der Telekom (Klimaanlage) auf dem Dach stehen. des Weiteren wurde in der Veranstaltung von (zentralen) Wärmepumpen auf dem Dach des Büro- und Boardinghauses gesprochen. Auch diese sorgen für erhebliche Schalemissionen. Dies muß berücksichtigt werden.
Anmerkung
Aussagen in der Unterlage wie “… wird der Lebensraum für Flora und Fauna geringfügig verändert” oder “… erfährt durch die Bebauung … eine starke Aufwertung” empfinde ich als blanken Hohn. Der Bedarf nach Wohnraum steht außer Frage, aber dieser Entwurf ist definitiv nicht der große Wurf.
Mit freundlichen Grüßen,
Jörg Fasolack