Mein Leserbrief
Da mein Leserbrief zur Berichterstattung des GA über die Informationsveranstaltung bislang nicht veröffentlicht wurde und ich davon ausgehe, dass dies auch nicht mehr geschehen wird, der Leserbrief aber genau das enthält, was ich zum Bauvorhaben wie zum Gebaren der Stadt in diesem Zusammenhang zu sagen habe, hier der Text:
Leserbrief zum Artikel von Stefan Knopp im Generalanzeiger Bonn vom 27.10.2022 unter der Überschrift:
„Neuer Wohnraum in Bonn - Stadt stellt Pläne für neues Wohnquartier in Limperich vor“
Wie infam, Ihr Aufmacher, Herr Knopp! Infam, weil inhaltlich falsch und im Stil verleumderisch!
Ich war vor drei (nicht fünf) Jahren dabei, als an ebendemselben Ort wie am letzten Mittwoch schon einmal eine so genannte Informationsveranstaltung der Stadt zum Bauvorhaben auf dem Gelände des Gartenmarktes stattfand. Und ich kann mich an den Ablauf sehr genau erinnern. Auf die berechtigten kritischen Fragen der Menschen aus der zukünftigen Nachbarschaft der geplanten Wohnungen gab es seitens der Stadt und der sie vertretenden Mitarbeitenden sehr vieles, was zur bohrenden Nachfrage geradezu herausforderte. Den aggressiven Unterton wählten die Mitarbeitenden der Stadt, weil sie, argumentativ in die Enge getrieben und mit den logischen Widersprüchen und Ungereimtheiten des Vorhabens konfrontiert, sich nicht mehr anders zu helfen wussten. Dass ein Journalist nach drei Jahren das einfach so kolportiert, wie es seitens der Stadt wahrgenommen worden sein mag, hat mit sachlicher Berichterstattung nichts mehr zu tun und muss genannt werden, was es ist: Gefälligkeitsjournalismus! Ihre Darstellung, Herr Knopp, weise ich ganz entschieden und mit Nachdruck zurück. Wir haben da-mals sachlich argumentiert. Wir haben nachgefragt, wenn die Antworten auf unsere Fragen unbefriedigend blieben - und das blieben sie damals in fast allen Bereichen. Und wir haben festgestellt, dass man uns entscheidende Informationen vorenthalten wollte und unsere Enttäuschung darüber deutlich artikuliert. Zu suggerieren, dass unser Auftreten Bedrohungsängste hervorrufen würde, ist - mit Verlaub - unverschämt und ehrverletzend!
Wer am letzten Mittwoch eben denselben Raum betrat, musste ein Déjà-vu der besonderen Art haben. Und das meint nicht in erster Linie die wieder verwendeten Stellwände, dieses Mal jede von gleich mehreren Erklärenden umgeben. Wieder blieb man aber auf viele entscheidende Fragen die Antworten schuldig.
Nach der geplanten Entwässerung befragt und danach, welche Daten die im Informationstext genannte Modellrechnung verwenden würde, blätterte man in einem Heftordner, peinlich bemüht, dem Fragenden selbst keinen Einblick zu ermöglichen. Das soll vertrauensbildend sein? Auf die Frage, warum denn die viel beschworenen diversen Gutachten nicht gleichzeitig veröffentlicht würden, hieß es, dass diese noch nicht fertiggestellt seien und noch der „Feinschliff“ fehle. Man wolle ja nicht mit noch nicht endgültig abgesicherten Daten an die Öffentlichkeit treten. Dem Hinweis darauf, dass die Texte auf den Informationstafeln aber doch als Interpretationen dieser Gutachten begriffen werden müssten und ohne die Gutachten selbst nicht überprüft werden können, wurde zwar zugestimmt, aber nur um dann wieder auf die Unabge-schlossenheit der Gutachten hinzuweisen. So räumt man kein Misstrauen aus.
Ganz absurd wurde es dann an der Informationstafel zum Mobilitätskonzept. Für 193 Wohnungen sind 153 Tiefgaragenstellplätze vorgesehen. Auf den Hinweis, dass das viel zu wenige sind, selbst, wenn es zu jeder Wohnung nur einen PKW gibt (wahrscheinlich sind eher deutlich mehr), gab es dieselbe Antwort wie vor drei Jahren: Das sei so, da müssten eben Menschen auf einen eigenen PKW verzichten. Auf die Frage, welche das denn sein sollten, hieß es, es würde ja auch altersgerechte Wohnungen geben. Alte Menschen sollen also nicht mehr individuell mobil sein? Nein, so sei das nicht gemeint, aber man gehe eben auch davon aus, dass die Menschen aus den geförderten Wohnungen sich keinen PKW leisten könnten. Wie naiv kann man sein? Und wie will man den diesen Vorstellungen immanenten Zwang auflösen, der auf die zukünftigen Bewohner ausgeübt wird? Tiefgaragenstellplätze bekommen also nur die Bewohner der frei finanzierten Wohnungen? Darauf gab es dann keine Antworten mehr. Lapidar hieß es, das sei dann eben so. Das sei die Zukunft.
So wünschens- und ökologisch erstrebenswert ein autofreies oder autoarmes Wohnquartier auch sein mag, so muss man doch zu seiner Realisierung den Menschen, die dort wohnen, die freie Entscheidung überlassen, ob sie auf individuelle Mobilität verzichten wollen.
Und aus dem Blick des zukünftigen Nachbarn stellt sich die berechtigte Frage, wo denn die Autos alle parken werden, die in den neuen Tiefgaragen keinen Platz finden. Die Antwort darauf ist ganz einfach: Zum Beispiel in unserer Straße, in der, weil sie eine Spielstraße ist, nur in den wenigen gekennzeichneten Flächen geparkt werden darf. Oder auf dem Landgrabenweg, dessen Parkmöglichkeiten gerade an den Wochenenden von den erholungssuchenden Menschen gebraucht werden, die in die Rheinaue wollen. Vor drei Jahren meinte die Vertreterin der Stadt allen Ernstes, dass dieser Parkraum dann bewirtschaftet werden würde. So als seien wir mitten in der Stadt und nicht in einer ausgewiesenen Stadtrandlage.
Kann es sein, dass es deshalb nicht genug Tiefgaragenstellplätze geben wird, weil man sonst nicht genug Versickerungsflächen vorhalten kann? Diese Frage ließe sich nur beantworten, wenn man die Gutachten in Ruhe einsehen und studieren könnte…
Genau wie vor drei Jahren habe ich den Raum enttäuscht, frustriert und voller Misstrauen und Ärger verlassen. Zuvor hatte ich noch den Ausführungen der städtischen Mitarbeitenden zum Klima und Lärmschutz gegenüber einem älteren Ehepaar gelauscht, um dann von eigenen erfolglosen Anfragen abzusehen. Wieder keine Möglichkeit, das Klimaschutzgutachten aus den ´80er Jahren einzusehen, das noch davon ausging, dass das Gelände gar nicht bebaut werden darf. Da bekommt das Wort „Klimawandel“ eine ganz neue Bedeutung. Und wieder gibt es keine auch nur ansatzweise befriedigende Antwort auf die Frage, wie denn eine ausreichende Durchlüftung des Geländes sichergestellt werden soll, wenn zur Bahn hin eine vier Meter hohe Schallschutzwand errichtet werden soll - in der neuen Version mit gläsernen Abschnitten, damit die Menschen, die in zum Gleiskörper liegenden Gebäuden wohnen, nicht nur auf diese Schallschutzwände schauen. Zitat aus den FAQs: „Somit können zur Bahn hin keine schützenswerten Räume, wie zum Beispiel Schlafzimmer und Wohnräume, positioniert werden.“ Im Ernst?
Der Dame, die sich für den Kauf einer Wohnung im neuen Quartier interessiert, sei vielleicht abschließend noch der wichtige Hinweis nicht vorenthalten, dass neu gebaute Wohnungen in der unmittelbaren Umgebung 7400 bis 7800 € je Quadratmeter kosten. Was dürften dann wohl Wohnungen nach dem Standard kosten, der in der Schwammstadt vorgesehen ist und wer wird sich diese dann leisten können? Auch die „soziale Durchmischung“, von der auf einer der Tafeln die Rede ist, wird da zu einer höchst fragwürdigen Zukunftsvision! Aber vielleicht gibt es ja eine Prämie, wenn man auf einen Tiefgaragenstellplatz verzichtet…
Herr Knopp, nichts ist ad acta gelegt, viel zu wenig abschließend geklärt. Und, Ihre Erlaubnis vorausgesetzt, werden wir weiter beharrlich weiter nachfragen. Kritisch, das heißt sachlich und verbindlich im Ton. Im wohl verstandenen Interesse der Menschen unserer zukünftigen Nachbarschaft und in unserem eigenen berechtigten Interesse.
Stephan Steinhoff
Petersbergweg 15
53227 Bonn