Masse statt Klasse

Alles wie gehabt. Die grundsätzlichen und konstruktiven Anregungen aus der Bewohnerschaft sind leider nicht in das vorgestellte Bebauungskonzept eingeflossen. Das Leitziel der Stadt ist Schaffung von Wohnraum. Viel Wohnraum. Alle anderen Belange werden untergeordnet und zurechtgeruckelt, bis das Ganze formal passt. Soweit zum Thema ergebnisoffenes Bebauungsplanverfahren...

Meine Bewertung zum vorgestellten Bebauungskonzept: Zu hoch, zu dicht, zu kompakt. Städtebaulich nicht abgeleitet aus der umliegenden Umgebung. Das Sondergebiet der Telekom ist kein Maßstab für eine städtebauliche Entwicklung.

Das Bebauungskonzept ist zu wenig zukunftsorientiert und nicht anpassungsfähig an den gesellschaftlichen Wandel und künftige Bedarfe.

Konfliktträchtig in der Sache, schöngemalt und schöngeredet: ‚Schwammstadt‘, ökologisch‘, ‚autofrei‘ sollen Qualität und Fortschritt suggerieren. Doch die Wahrheit ist ernüchternd. Die Wahrheit ist nicht grün, die Wahrheit ist grau:

Zu viele Häuser auf engem Raum, Abstandsarchitektur am Siedlungsrand. Kompaktes Wohnen. Wenig Raum für flüchtige Begegnungen, Treffen und Aufenthalt, - Angebote, die eine lebendige Nachbarschaft fördern und den sozialen Zusammenhalt stärken.

Kein kleinteiliger Funktions- und Nutzungsmix, sondern eine erlebnisarme Stadtstruktur mit unzureichenden stadträumlichen und gemeinschaftsbildenden Qualitäten. Restflächen für den Aufenthalt, Kleininseln zum Verweilen. Weite Wege zu Versorgungseinrichtungen, das Busticket teuer.

Urbanität wird reduziert auf bauliche Dichte, der Blick aus dem Fenster endet an der (Schallschutz-)Wand.

Keine Stadt der kurzen Wege, aber das Ziel ‚autofrei‘. Unterstützt durch ein reduziertes Stellplatzangebot. Fehlende Mobilitätsangebote abseits von Bus und Bahn. Dominant die Ringstraße im Quartier, - funktionsentleert als Vorhaltefläche.

Das Baugebiet ist heute wertvolles Ackerland und Kaltluftentstehungsgebiet. In Zukunft mutiert es zur Wärmeinsel: Stark versiegelt und großflächig durch eine Tiefgarage unterbaut. Lange, unterirdische (Angst-)Wege führen zum einzelnen Haus.
Für den Regenrückhalt wird das Dach bemüht, multicodiert mit einer Freiflächennutzung. Das ist auch nötig, denn die Mini-Gärten am Haus sind durch zahlreich Funktionsflächen (Erschließungswege / Müll / Versickerungsmulden) belegt.

Thema Belüftung, Kaltluft und Verdunstung: Wie war das noch? Ach ja, - wurde in der Vergangenheit völlig überbewertet. Inzwischen gibt es nach Angaben der Stadt ganz neue Berechnungsmodelle. Alles halb so schlimm. Die Windrichtung wurde durch das Bauvorhaben T-Mobil sowieso schon umgelenkt. Und das neue Fassadengrün sorgt für ein positives Mikroklima…

Als Resumee sei angeführt: Es ist traurig, aber wahr. Die Stadt hat eine wichtige Chance für eine nachhaltige Quartiersentwicklung verspielt.
Änderungen im Detail können aus meiner Sicht keine wesentliche Verbesserung mehr bewirken. Das Grundproblem liegt in der städtebaulichen Konfiguration und der zugrunde gelegten Bebauungsdichte.

Trotzdem zwei grundlegende Anmerkungen für eine Nachbesserung: Die Bebauungshöhe im Gebiet sollte auf max. 3 Geschosse plus Staffel reduziert werden (Kita 2 Geschosse).
Am Landgrabenweg rege ich anstelle des Boardinghauses und der Gewerbeeinheiten den Bau einer Quartiersgarage als Hochgarage an, kombiniert mit einer Car-Sharing und E-bike-Station inkl. einem Reparaturservice (Werkstatt mit Cafe), Ausleihmöglichkeiten für Lastenräder, Fahrradanhänger, Ladestationen für Elektrofahrzeuge, etc. (Stichwort Mobility-Hub). Durch die Quartiersgarage wird der alternative Mobilitätskomfort gestärkt, der Versiegelungsgrad deutlich reduziert und ein Hitzeinsel-Effekt abgemildert.

Gabriele Kramer-Runkel
Himmerichweg 52
53227 Bonn