Das ist kein Verdrängungswettbewerb

Man gewinnt leicht den Eindruck, die Möbilitätswende sei der Rahmen, um jetzt endlich diese oder jene in die Schranken zu weisen und den einen zu nehmen, was die anderen glauben es stünde ihnen zu. Das klingt ein Wenig nach Umverteilungsrufen mit einem Anhauch von "jetzt enteignen!" - fast so, als wäre jedes Auto nur angeschafft worden, um Fußgängern und Radfahrern "ihre" Straße wegzunehmen. Es lässt sich sicher nicht bestreiten, dass ein Auto mehr Raum einnimmt, als ein Fußgänger oder dass Fußgänger nicht über die hälfte des Tages einen Platz auf dem Bürgersteig belegen. Andererseits ist der aktuelle Zustand ja nicht zufällig oder gar durch böswillige Machenschaften entstanden, sondern das Ergebnis der bisherigen Lösungen für die Probleme und Bedürfnisse vieler Menschen. Dass diese Bedürfnisse und Probleme nicht einfach verschwinden, wenn man jetzt überall Autos verbietet und verdrängt, sollte auch einleuchten.
Vielleicht hilft es ja in der Diskussion, wenn man die zugrundeliegende Fragestellung aus einer anderen Perspektive betrachtet und sich mehr auf die Bedürfnisse und Probleme konzentriert, die zum ist-Zustand geführt haben und die Maßnahmen dann erst den neuen Lösungen dieser Probleme folgen lässt.
Also warum z.B. wollen Handwerker Parklätze in der Nähe der Wohnungen, in denen sie ihre Arbeit verrichten sollen? Weshalb wollen Menschen einen Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung? Welchen Nutzen hat dieses oder jenes Verkehrsmittel außer der reinen Mobilität noch? Lassen sich die Probleme mehrerer Menschen mit weniger Ressourcen (also beispielsweise weniger, dafür gemeinsam genutzte Fahrzeuge) lösen? Welche Anforderungen gibt es für Ersatzangebote, wenn man bereit sein soll auf die bisher erreichten Verbesserungen der Lebensumstände teilweise zu verzichten? Welchen Beitrag können auch diejenigen leisten, die nicht als Autofahrer teil des Problems sind, sondern als Radfahrer oder Fußgänger zur einen Lösung und zum anderen Problem beitragen?
Um eine Wende sein zu können, braucht es gemeinsame Ziele und gemeinsamen Einsatz - nicht Gewinner und Opfer.

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