MitMachHaus stärken!

Für die enorme Stärke Ihres Vorschlags halte ich die edle Selbstbeherrschung in diesem Entwurf. Dass Sie der Versuchung widerstehen, hier im Viertel das Rad neu zu erfinden, sondern stattdessen die bestehende Substanz ernst nehmen. Hut ab dafür!

Eine andere Stärke, die daraus folgt, ist, dass prinzipiell nicht viel investiert werden muss. Das käme der finanziellen Situation sehr zugute. Ich habe ohnehin den Eindruck, dass man zur Wiederherstellung der Attraktivität dieses Viertels eher die richtigen kleinen Stellschrauben bedienen muss, als die Abrissbirne zu schwingen.

Die Idee des MitMachHauses finde ich mutig und interessant, gerade weil es in Bonn an derartigen Räumen fehlt. Ich glaube aber, dass das sehr offene Konzept und auch der Name für die Entscheidungsträger - und auch für viele Bürger - noch zu spielerisch und (augenscheinlich) zu unökonomisch sein könnten. (Dass ein solcher Raum auch, um die Ecke gedacht, dem kreativen Klima und somit auch der ökonomischen Stärke der Stadt dienen kann, bezweifle ich natürlich nicht.) Ich glaube, im Ruhrgebiet habe ich von solchen offenen Räume schonmal gehört, aber hier in Bonn herrscht in Regierung und Verwaltung doch noch ein anderer Wind. In irgendeiner Form müsste es das Konzept, wie ich finde, den Entscheidenden noch etwas leichter machen, und könnte noch auf Bonn weiter zugeschnitten sein. Hierbei könnte es vielleicht helfen, Bönnsche Charakteristika nochmal vor Augen zu rufen (z.B. die Liebe zum Bombast, Beethoven, Weltgewandtheit etc - aber vielleicht auch die rheinisch-ländliche Genusskultur). Oder aber die Investitionssumme - die ja vermutlich ohne das MitMachHaus garnicht so hoch ist - klein zu halten.

Mir fiele gerade ein: das MitMachHaus näher zu definieren, z.B. als KulturBodenZentrum (als fruchtbarer Boden für Kulturentstehung "von unten"), mit einem wohlklingenden Keller auch für Pop- oder Neue-Musik-Konzerte, oder andere experimentelle Veranstaltungen. Sowas hat ja auch Renomée in anderen Städten. Oder eben das Eckhaus Stockenstraße/Rathausgasse als KleinKaufHaus maximal zu nutzen, um hier der Politik in puncto Wirtschaftlichkeit die Entscheidung zu erleichtern.

Kurzum: ich sorge mich nur um die Umsetzbarkeit des Vorschlags im Lichte der politischen Situation in dieser Stadt - die komplexer, rigider und verfahrener ist als man es vielleicht im ersten Moment vorstellt. Das Konzept an sich finde ich schlüssig, interessant und sehr vielversprechend.

Im Detail könnte für mich, als großen Freund des historischen Franziskanergässchens, die zentrale Nord-Süd-Achse noch ein bisschen betonter sein. z.B. im Sinne eines "Franziskanerplätzchen", durch eine mittige Aufweitung des Durchgangs von der Rathausgasse zur Franziskanerstraße in Form eines Rondells, ggf. mit Böschung drumherum und öffentlichen Sitzbänken.

Nicht verschweigen möchte ich zuletzt, dass ich die Verdichtung nach innen - entlang der Nord-Süd-Achse - wie z.B. im Molestina-Entwurf, sehr spannend finde. Vermutlich ist das bei Ihnen aber nicht vorgesehen, da die Platzgestaltung bei Ihnen ja auf ganz andere Weise enorm stimmig ist. Sollte sich Ihre Idee mit einer (wenn auch dezenten) Innenverdichtung irgendwie vereinen lassen, würde Ihr Entwurf jedoch hierdurch in meinen Augen noch stärker werden.

Kommentare

Ergänzend würde ich noch empfehlen, die in der Skizze angedeutete Verbindung zur Konviktstraße zu schärfen, und eine Verbindung zum Schlosskirchenplatz zusätzlich zu denken. Und die Einzigartigkeit dieser Orte an der Karte und ggf. vor Ort nachzuvollziehen.

Der kopfsteingepflasterte Schlosskirchenplatz rund um den Gaudeamusbrunnen, flankiert von einer Bibliothek, der Uni und toller Gastronomie, ist einer der schönsten innerstädtischen Plätze Bonns. Aus unerfindlichen Gründen - vielleicht wegen der gefühlten Dauerbaustelle dort? - kann er seit Jahren nicht sein Potential entfalten und die Besucher Bonns nicht mit seiner Standortqualität erfreuen.

Die Konviktstraße setzt das Kopfstein des Schlosskirchenplatzes Richtung Rhein fort. Sie ist (vielleicht zum Glück?) bisher etwas stiefmütterlich behandelt worden, weswegen sie noch heute ihren rumpelig-archaischen Charme erhalten konnte. Wenn man das Flair des Alten Bonns nachspüren will (und historisches Flair zieht Einheimische wie auch Touristen an), kann man das meines Erachtens hier am Besten tun - besser noch als an Sternstraße und Markt. Denn rumpelig war das Bönnsche Zentrum in der Vergangenheit meistens. Nun, worin liegt nun genau ihre Einzigartigkeit? In dieser kopfsteingepflasterten Straße ist fast die komplette historische Bebauung erhalten geblieben oder rekonstruiert worden: die Südflankierung durch den (neu restaurierten) Alten Zoll, das Lennéhaus und das Unigebäude, und die Nordflankierung durch das historische Oberbergamt (heute Historisches Institut). Außerdem spürt man hier wie nirgendwo sonst, dass der Belderberg tatsächlich ein Berg ist.

Wenn sich diese Qualitäten dieser Straße fließend in die neu gestaltete Franziskanerstraße fortführen ließen, würde das Viktoriaviertel von dem historischen Flair der Konviktstraße sowie der neuen Rheinverbindung profitieren. Das wäre für mein Empfinden eine hervorragende Erfüllung des Masterplans, mit Sternchen!

Ich denke, man muss an der Konviktstraße nicht viel tun. Sie braucht ein wenig Sanierung hier und da, aber sonst nicht viel geistige oder planerische Arbeit. Man muss nur an sie denken, und dann beschenkt sie den Planer und später auch die Stadt mit ihren üppigen Ressourcen!